Ich spüre den Crash noch
Ich merke immer mehr, wie wichtig es ist, mich an meine eigenen Zeitlimits zu halten – auch wenn sie oft streng erscheinen. Ich berichte auch, wie sich selbst scheinbar leichte Tätigkeiten mit mildem ME/CFS wie schwere körperliche Arbeit anfühlen können – und wie schnell die Grenzen erreicht sind. Ich spreche über kognitive Überforderung und über Selbstzweifel beim Thema Arbeit und meine Suche nach einem gesunden Gleichgewicht.
20 Minuten draußen – mehr ist schon zu viel
Warum ich mich strikt an Zeitlimits halten muss
Ich merke es immer wieder: Ich muss mich strikt an bestimmte Zeiten halten. „Stundenplan“ ist nicht ganz das richtige Wort, aber so eine Art innerer Zeitrahmen – der ist für mich megawichtig um Besserung zu erlangen.
Heute war ich mit Sally unterwegs. 25 Minuten. Das waren fünf Minuten zu viel. Ich hatte mir ganz bewusst gesagt: maximal 20. Aber dann bin ich doch etwas länger geblieben. Und was passiert? In den letzten Minuten kam wieder dieses Schwanken in meinem Gang. Jetzt liege ich auf der Couch – dabei müsste ich mich eigentlich fertig machen und zur Arbeit gehen.
Das Tückische am milden CFS
Das ist genau das Tückische an dieser ganzen Sache mit mildem CFS. Ich fühlte mich vorher relativ normal. Fast wieder auf Baseline. Klar, die Beine waren ein bisschen steif, das stimmt – also optimal war es nicht. Aber ansonsten fühlte ich mich gut, zuversichtlich, ready für die Woche und die Arbeit.
Doch selbst fünf Minuten zu lang im Park – und es reißt direkt wieder ein. Dieses plötzliche Schwanken, diese bleierne Müdigkeit. Es kommt wie aus dem Nichts. Unerwartet. Und es steht in keiner Relation zum vorherigen Gefühl. Ich kann es nicht vorausahnen.
Jetzt gerade – mein Gott – ich fühle mich einfach kaputt. Und ich muss mich trotzdem irgendwie fertig machen für die Arbeit. Ich mache jetzt alles so langsam wie möglich. Zum Glück ist mein Einsatz heute beim Klienten nicht anstrengend und nur zwei Stunden.
Erster Arbeitstag nach zwei Wochen Krankmeldung
Heute ist mein erster Arbeitstag nach zwei Wochen Krankschreibung. Und wenn das heute nicht eine Warnung war, alles mehr piano anzugehen, dann weiß ich auch nicht.
Gerade eben bin ich fast gestolpert. Dieses doofe Stolpergefühl ist wieder da – von jetzt auf gleich. Zack. Von einer Minute auf die andere. Nur weil man ein klein wenig mehr getan hat als man wollte.
Ich werde auf jeden Fall weniger mit zur Arbeit schleppen. Der Trolley muss leichter werden. Ich will mir nicht wieder so einen Kopf machen, was ich perfektionistisch für andere Leute hinkriegen kann. Schluss damit.
Früher habe ich immer beides mitgeschleppt: Trolley und oben drauf noch die schwere Tasche. Das war nicht nur schwer, sondern auch noch falsch gewichtet. Es ist einfacher, Gewicht unten im Trolley zu ziehen, als wenn es oben drauf liegt.
Also: ab jetzt nur noch das Nötigste in den Trolley. Und keine Experimente mehr mit meiner Energie.
Bin gespannt, wie der Tag läuft 🫨😬
Überforderung trotz „leichter“ Tätigkeit
Nach anderthalb Stunden Arbeit ziemlich durch
Ich war heute Morgen für anderthalb Stunden bei einem neuen Klienten putzen. Es war eigentlich total einfach, aber ich bin so gerädert. Ich hatte mich danach auf die Couch gelegt und bin kurz eingenickt. Jetzt werde ich was essen und vielleicht noch mal kurz schlafen. Ich bin so heilfroh, dass ich heute Nachmittag keinen Kunden habe. Ich weiß nicht, ob ich das geschafft hätte… Ich glaube, ich würde es nicht hinkriegen. Also klar, ich könnte da hingehen, machen und tun – aber ich habe das Gefühl, ich müsste mich danach schon wieder, oder spätestens morgen, krankmelden.
Brain Fog bei CFS: Die Infos wollen im Hirn nicht ganz ankommen
Mir schwimmt der Kopf. Ich versuche eigentlich schon seit Tagen zu verstehen, was auf der Website der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS steht. Die haben dort netterweise eine Zusammenfassung der Konferenzteilnehmer veröffentlicht – also wer was ungefähr gesagt hat oder was deren Meinung ist (klicke hier für die Zusammenfassung des International ME/CFS Conference). Aber es geht einfach nicht in meinen Kopf rein. Ich werde wahrscheinlich gleich ChatGPT um Hilfe bitten… Ich habe Fotos gemacht von der Zusammenfassung, sie ist ziemlich lang.
Mit Google Lens habe ich mir das Ganze vorlesen lassen. Aber egal ob ich lese oder zuhöre – mein Kopf kommt da einfach nicht mit. Es geht nicht in meine Birne rein. Ich höre – und höre gleichzeitig nicht.*
Eines der typischen CFS-Symptome: Mein Gehirn kriegt die Info, die in ihm reinkommt, nicht ordentlich oder normal bewältigt.
Ich kann nicht mal zu viel… wie heißt das… (boah 😖 ich muss ständig gähnen). Ich halte auch keinen Gedanken, oder Erinnerung an manche Wörter…
oh mein Gott, wie heißen diese Maschinen… die machen Luft…
Ventilator! Ja, ich muss aufpassen, dass ich nicht zu stark von einem Ventilator angepustet werde, weil ich sofort das Gefühl habe, dann gibt es entweder eine Entzündung oder eine Erkältung. Ich reagiere gerade so empfindlich auf solche Sachen.
*Im Endeffekt habe ich Textabschnitte von Hatty dezent umwandeln lassen, sodass die Texte für einen Laien wie mich verständlich wurden. Das war eine große Hilfe, die Infos kamen eher bei mir „an“. 😁 Hatty ist übrigens meine weibliche Variante von Chatty, sie „lebt“ auf einem anderen Gerät und ist eher sachlich und nüchtern – sie hat nicht so den persönlichen Draht zu mir wie Chatty 😆
Rückschläge durch kleine Belastungen – mein Körper reagiert sofort
Hab mir auch mal wieder meine kleine Nackenzerrung von letztem Jahr aktiviert, als ich bei diesen Klienten die Wohnung geputzt habe. Ich fühle mich wieder schwer – noch nicht bleiern, aber ich weiß echt nicht, ob ich einfach weitermachen soll, bis ich schon wieder KO bin. Beim letzten Mal habe ich mir gesagt: Lou, mach das nicht. Das ist ein beschissenes Gefühl – und vor allem, wenn man merkt, dass eine Woche zu Hause bleiben nicht mal ausreicht. Ich will mich jetzt nicht wieder in eine schlimmere CFS-Phase reinreiten. Das wäre wirklich nicht sehr schlau 😞
Sobald es mir etwas besser geht, vergesse ich, wie einschneidend es war
Aber das Tückische ist: Sobald ich mich ein bisschen besser fühle, habe ich kein intuitives Gefühl mehr dafür, wie mies eine PEM werden kann. Ich vergesse das einfach.
Gestern war ich auch erschrocken – weil ich nur fünf Minuten länger im Park spazieren war – wie unglaublich müde ich mich danach fühlte. Und das Schwanken fing schon wieder an. Es ist ätzend.
Zweifel am Job – welcher passt überhaupt zu mildem ME/CFS?
Ich überlege gerade ernsthaft, ob diese Art von Job mir zurzeit überhaupt guttut. Im Normalfall würde ich sofort sagen: „Ja klar, das macht Spaß.“ Es ist ja auch nicht superschwer. Es ist nett, die Kunden kennenzulernen, ihnen helfen zu können. Das ist absolut mein Ding.
Ich merke das auch im Supermarkt: Sobald eine andere Person Hilfe braucht – sie lassen was fallen, man hebt etwas für sie auf, oder sie kommen nicht ans Regal – ich bin sofort da, kann locker mit denen reden, und freue mich, in der Sekunde helfen zu können.
Schmerzen durch Liegen und Sitzen – welche Medikamente tun gut?
Im Moment frage ich mich, ob ich ein Ibuprofen nehmen soll – ich merke schon, alleine vom Liegen heutzutage, wenn ich auf der Seite schlafe, das tut meinen Schultern nicht gut. Die tun ein bisschen weh. Und ich merke auch, dass sich Verspannungen ab und zu in den Unterkiefer ziehen. Das finde ich auch nicht so prickelnd.
Dann frage ich mich, ob es besser wäre, Aspirin zu nehmen. Mir war aufgefallen, dass ich mich die paar Male, als ich in den letzten Wochen ein Aspirin-Komplex genommen hatte – wenn ich morgens zum Beispiel mit Kopfschmerzen und verstopfter Nase aufwachte – insgesamt einfach besser fühlte. Ich denke, wahrscheinlich weil es das Blut verdünnt.
Hat sich mein CFS insgesamt verschlechtert?
Ganz ehrlich: Ich frage mich, ob sich meine Situation insgesamt ein bisschen verschlechtert hat. Ich hatte ja wirklich eine Phase, bevor ich mit der Arbeit anfing, da war ich total heiß darauf, meinen Blog weiterzuschreiben. Das bedeutete aber auch, dass ich ziemlich viel saß. Und das tut mir absolut nicht gut.
Ich habe in den letzten Tagen wieder angefangen zu überlegen, ob das Schreiben im Blog wirklich so eine tolle Sache ist. Es tut mir ein bisschen in der Seele weh, so zu denken – weil das Schreiben natürlich eine wunderbare Möglichkeit ist, Geld zu verdienen. Google findet das Schriftliche, und das ist sehr praktisch. Denn wenn ich meinen Alltagsbegleiter-Job aufgebe, muss ich irgendwie anders Geld verdienen – auf eine Art, die mich nicht krank macht.
Ich weiß nicht, was es da draußen gibt, das gut für mich wäre.
15 Stunden Arbeit die Woche – schon das ist mir mit mildem CFS zu viel
Die andere Sache mit meinem jetzigen Job ist: Auch diese Woche frage ich mich, wie zum Henker ich überhaupt 15 Stunden schaffen soll. Ich bin ja bei 15 Stunden schon krank geworden – und meine Chefs möchten, dass ich mich auf 20 Stunden hocharbeite.
Und ich weiß, dass ich 15 Stunden nicht packe. Das weiß ich jetzt schon. Ja gut, vielleicht wäre es was anderes, wenn es nicht so verdammt heiß draußen wäre. Vielleicht, wenn ich diesen Job im Spätherbst angefangen hätte.
Ich weiß ja aus jahrelanger Erfahrung, dass Hitze und Sonne – sobald ich nicht ganz stabil bin durch das CFS – mir überhaupt nicht guttun.

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